Vereinsreise 2024

Text: von Susanne Kieser

Mein Reisebericht beginnt am Morgen des 5. September 2024 im Zug kurz vor Solothurn. Die Stimmung unter den 28 Frauen war ausgelassen: Es wurde geschwatzt, gelacht und die Freude für die gemeinsame Reise war in jedem Gespräch zu spüren. Schon in Rüti und Zürich mussten wir umsteigen, was zu neuen Sitznachbarinnen führte und die Gespräche in Schwung hielt. In Biel, wo der letzte Umstieg anstand, bereitete uns unsere Reiseleiterin und Organisatorin Käthi Schmid bestens auf den Wechsel vor.

Doch eine unerwartete Herausforderung lauerte: Der Zug nach La Chaux-de-Fonds bestand aus zwei Kompositionen – eine Richtung Moutier, die andere zu unserem Ziel. Glücklicherweise schaffte es Käthi, alle 28 Frauen sicher in die richtige Zugabteilung zu lotsen. Zusammen konnten wir die Weiterfahrt durch die malerische Juralandschaft genießen.

Die Strecke von Biel nach La Chaux-de-Fonds wurde bereits 1874 eröffnet und spielte eine entscheidende Rolle für die Uhrenindustrie. Während der Zug stetig an Höhe gewann – von 437 Metern über Meer in Biel bis auf 994 Meter in La Chaux-de-Fonds – blickten wir durch die Fenster auf die Nebelschwaden, die über den dicht bewaldeten Jurahöhen hingen. Der Regen, der uns bevorstand, vermochte indessen unsere Laune nicht trüben.

Im Zug nutzte ich die Zeit, um einige Frauen nach ihren Erwartungen und Wünschen für diese Vereinsreise zu befragen. Hier ein paar ihrer Antworten:

Jeannette: „Ich bin gerne unter Frauen. Eine Vereinsreise bietet eine wunderbare Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu knüpfen und bestehende zu vertiefen. Da mein Vater aus Freiburg stammt, habe ich eine besondere Verbindung zur Uhrenindustrie. Eine schöne Taschenuhr habe ich mir eingesteckt. Sie begleitet mich auf dieser Reise. Zu Hause habe einer wunderschönen, goldenen Taschenuhr aus dem Jahr 1860, die ich von meiner Großmutter geerbt habe. Das Thema Uhren liegt in meiner Familie.»

Diana: „Ich freue mich auf das Uhrenmuseum in Le Locle, das ich noch nie besucht habe. Vielleicht entdecke ich sogar eine erschwingliche Uhr. Und natürlich hoffe ich, die Frauen von Frauen Wald besser kennenzulernen.“

Kathrin N.: „Die Uhrmacherstadt La Chaux-de-Fonds fasziniert mich schon lange. Ich freue mich besonders auf die heutige Führung. Mit dem Fahrrad bin ich zwar schon durch die Stadt gefahren, aber diese Reise verspricht tiefere Einblicke.“

Unsere Fahrt führte vorbei an romantischen Wäldern, typischen Felsformationen und kleinen Ortschaften wie Sonceboz-Sombeval. Gegen Mittag erreichten wir La Chaux-de-Fonds. Ein kurzer Spaziergang – glücklicherweise ohne Regen – brachte uns zu unserem Hotel. Das „Chez Gilles“, ein kleines, romantisches Hotel direkt an einem Spielplatz gelegen, sollte für eine Nacht unser Zuhause sein.

Beim Begrüßungs-Apéro im Hotel genossen wir liebevoll zubereitete Leckereien, serviert von einem charmanten Gastgeber und seinem freundlichen Team. Danach brachen wir zum Cinérama auf, einem multimedialen Raum, der uns die Bedeutung der Region als UNESCO-Weltkulturerbe näherbrachte. Besonders eindrücklich war die Information, dass die Uhrmacherkunst und Kunstmechanik 2020 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurden.

Ein starker Regen setzte ein, als wir das Cinérama verließen. Geduckt unter Schirmen erreichten wir den Espacité-Turm, das moderne Wahrzeichen der Stadt. Von der Spitze bot sich ein beeindruckender Blick auf die schachbrettartige Struktur der Stadt, die gezielt für die Bedürfnisse der Uhrenindustrie entworfen wurde.

Wieder unten auf dem Platz, teilten wir uns in zwei kleinen Gruppen auf. Jede Gruppe machte sich auf den Weg die Stadt zu erkunden.

Trotz des Regens folgten wir aufmerksam den spannenden Ausführungen unserer Stadtführer:innen zur Geschichte und Architektur der Stadt. Unser Stadtführer konnte die Geschichte der Uhrenindustrie in spannende Worte fassen und damit unsere Aufmerksamkeit und Interesse behalten

Zusammengefasst, das Stadtbild wurde ganz nach den Bedürfnissen der Uhrenindustrie entwickelt. Breite und gerade Strassen, die kurze Transportwege ermöglichten. In den schneereichen Wintermonaten mussten sie schnell geräumt werden und passierbar bleiben. Die Häuser waren so nach der Sonne ausgerichtet, dass die Werkstätte optimale Lichtverhältnisse aufweisen. Der folgende Link gibt einen spannenden Einblick in die Geschichte der Uhrenindustrie.

https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013976/2020-08-11

Der Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen, bei dem regionale Spezialitäten wie Linsengemüse und Saucisson serviert wurden.

Den Abend verbrachten wir in kleinen Gruppen im Hotel beim Canastaspiel, bei einem Stadtbummel oder, wie ich hörte, tanzend auf dem Platz in der Nähe des Hotels.

Vreni R. «Sehr gut gefallen hat mir der Znacht, die Kombination von Soucisson mit dem feinen Linsengemüse. Die Führung durch La Chaux de Fonds war spannend, leider sehr verregnet und die Füsse wurden nass. Doch mit den Frauen zusammen sein ist auch mit nassen Füssen gut.

Ursi R.«Nostalgiegefühle, wir wohnten in Grenchen. Mein Vater arbeitete in der Uhrenindustrie als Mechaniker. Er stellte die Bestandteile für die Uhren her. Meine Mutter stellte Uhrrohrwerke her. Als Kinder konnten wir schon ab und zu helfen. Da waren die grossen Fabrikräume in Grenchen und die Frauen machten zum Teil stundenlang die gleiche Bewegung. Die Angestellten arbeiteten in diesen grossen hellen Räumen. Geblieben ist mir diese monotone Arbeit und der hohe Lärmpegel.»

Nach einem regenreichen, anregenden Tag waren wir dankbar für trockene Füsse und warme Betten.

Am zweiten Tag ging es nach einem ausgiebigen Frühstück weiter nach Le Locle. Dort erwartete uns das imposante Uhrenmuseum „Châteaux des Monts“, eingebettet in einen weitläufigen Park. Die Führung durch die 500 Jahre alte Geschichte der Uhrmacherei beeindruckte uns alle. Zu betrachten waren filigrane Mini-Automaten, singende Vögel, humpelnde Frauen, kriechende Raupen und viele, unterschiedliche Uhren. Die Sammlung bot eine faszinierende Reise durch die Zeit. Unsere Führerin, Dora, verfügte über ein immenses Wissen zu jedem Ausstellungsstück.
https://www.youtube.com/watch?v=et2ZCExBmlY

Den Nachmittag gestalteten wir individuell. An diesem warmen Spätsommertag nutzten wir in Kleingruppen die Gelegenheit das Exomusée in Le Locle zu besuchen. Dieses Museum zeigt Werke an Hausfassaden in unterschiedlichen Formationen. Gestaltet werden sie fortlaufend von internationalen Grössen der Street-Art-Szene. Diese beeindruckenden Wandbilder nahmen uns regelrecht in Bann. Sie erzählen von der lokalen Geschichte und verleihen Le Locle einen unverwechselbaren Charme. Der folgende Link weist auf dieses grosse Freilichtmuseum hin und enthält Informationen für alle die, wie ich, nochmals hinfahren möchten.
https://exomusee.ch/home-d/

Mit vielen neuen Eindrücken traten wir die Heimreise an. Während der Zugfahrt tauschten wir unsere Erlebnisse aus und ließen die Reise Revue passieren.

Abschließend möchte ich Käthi Schmid für die hervorragende Organisation danken. Diese Reise wird uns allen in Erinnerung bleiben.

Das letzte Wort haben die Frauen von Frauen Wald:

Ingrid: „Das Uhrenmuseum war beeindruckend. Die Wandbilder in Le Locle haben mich weniger angesprochen, aber die Gemeinschaft mit den Frauen und die gute Organisation machten die Reise unvergesslich.“

Noelle: „Die Kombination aus Uhrenmuseum und Fassadenkunst war faszinierend. Besonders Le Locle mit seiner grünen Umgebung hat mich begeistert. Ich komme bestimmt wieder.“

Rosmarie St.: „Durch diese Reise habe ich die Frauen aus einer neuen Perspektive kennengelernt. Die Führung im Uhrenmuseum war ein Highlight, und ich schätze, wie persönlich und kompetent unsere Führerin war.“

Wald, Dezember 2024 Susanne Kieser Jäggi